„Alles, was wir je wollten, war eine Berührung der sanften Fingerspitzen von Vangelis”, teilen uns die Jungs von Röyksopp ihre kollektiven Gedanken mit, „… aber darauf warten wir noch.”
Immerhin haben sie bereits über eine Million Exemplare ihres Debüts ‚Melody AM’ (2001) verkauft, einen MTV Europe Award für das beste Video (‚Remind Me’) gewonnen und sind ausgiebig um die Welt getourt. Auf den Erfolg ihres zweiten Albums ‚The Understanding’ (2005) folgten die Live-Aufnahme ‚Röyksopp’s Night Out’ (2006) sowie die Compliation ‚Back To Mine’ (2007). Aber das reichte Ihnen nicht…
„Alchemie…”, beginnt Svein Berge, „oder zumindest das Konzept, für das Alchemie steht. Das Konzept, wenig in mehr zu verwandeln, ist traditionell eine Idee, die eng mit unserer Philosophie in Einklang steht. Dieses Mal haben wir allerdings die schwarze Magie beiseite gelassen und uns alternativen Methoden der Veredelung zugewandt.”
„Dieses neue Album, ‘Junior’, aufzunehmen war wie in einem Bergwerk zu graben”, erklärt Brundtland. „Es gibt Gruben, die bereits viele Kilometer in den Berg getrieben wurden und in denen Menschen arbeiten. Manchmal jedoch muss man eine neue Grube ausheben, und dann beginnt man in der Erdkruste zu graben. Wir mussten nur den richtigen Punkt finden, an dem wir graben konnten.”
„Der Schlüssel dazu”, bemerkt Berge, „besteht in dem Bewusstsein, dass dieses Graben tief drinnen beginnt. Ich glaube, dass dieses Konzept etwas ist, das in uns steckt.” Geht diese Metapher zu weit? Mag sein. Ist ‚Junior’, das dritte Album aus der Röyksopp-Schmiede, ihr bisher bestes neben Melody A.M.? Allerdings.
Die Geduld der Fans zahlt sich aus. Mit dem richtigen Equipment ist “Junior” ein absoluter Ohrenschmaus, der wie schon die früheren Alben auch nach dem 1000. Abspielen nicht langweilig wird, sondern süchtig macht!
9,5 von 10 Punkten!
(zur vollständigen Review von “Junior”)
Einer der ersten Songs, die zu Tage gefördert wurden, trägt den Titel ‚Miss It So Much’, gesungen von Lykke Li.
Berge und Brundtland beschlossen bereits „vor ihrem Album und dem Hype”, mit ihr zu arbeiten. Ihre ungewöhnliche Stimme hatte es ihnen angetan: „Sie hat dieses gewisse perkussive Element. Es ist nichts Ungewöhnliches, eine Stimme mit einer Geige, Flöte oder Trompete zu vergleichen. Ihre jedoch erinnert eher an eine Marimba. Wo andere legato singen, singt sie staccato – was wir bewundern.”
„Für uns ist es ein Song mit einem Hauch von Fifities-Harmonien, gemischt mit Lykkes verführerisch mädchenhafter Stimme über einer treibenden, hektischen Bassline, verpackt in ein wenig Seventies-Wärme. Wir nennen das retrosexual”, veranschaulicht Berge.
„Es ist ein Stück über fehlende Analoga in einer digitalen Welt”, kommentiert Torbjørn Brundtland diese ‚nostalgische’ Nummer.
Mit ‚Tricky Tricky’ und ‚This Must Be It’ wurde weiter geschürft. Beide Songs wurden von Karin Dreijer Andersson von Schwedens ikonoklastischem Techno-Art-Bruder-Schwester-Gespann „The Knife” eingesungen, die bereits in Röyksopps ‚What Else Is There’ (auf ‚The Understanding’) zu hören war. „Weil Kunst und Handwerk zwei entgegengesetzte Pole sind, sozusagen ein Kampf innerhalb eines Kampfes”, erläutert Torbjørn, „mussten wir potenzielle mentale Reibungen ausmerzen und stattdessen eine gewisse Wildheit dazubitten.”
Berge: „‚Tricky Tricky’ ist ein perfektes Beispiel dafür, wie wir zusammenarbeiten. Beim Entstehungsprozess dieses Songs herrschte ein instinktives Einverständnis darüber, wohin wir gehen und was wir tun wollten. In diesem Fall haben sich Borderline-Menschen in einer Nummer zusammengetan, die man als kokaininduziertes Angstgefühl bezeichnen könnte.”
Brundtland: „Wenn Karin singt, singt sie nur Wörter, die ihr wirklich gefallen. Man hört es an ihrer Diktion: Jedes Wort kommt von Herzen.”
Berge: „Eine weitere Sache bei Karin ist: Sie gehört nicht zu den Leuten, die darauf bestehen, dass ihre Stimme absolut ihren Vorstellungen entsprechend hoch im Mix und mit High-End-Frequenzen überladen etc. klingt. Sie mag es, wenn man ihre Stimme ein wenig aufmischt. Ehrlich gesagt glaube ich, dass sie es sogar bevorzugt, etwas daneben zu klingen.”
Resultat dieses Gipfeltreffens zwischen zwei Norwegern und einer Schwedin: die düstere, sich langsam steigernde Spannung von ‚Tricky Tricky’ und ‚This Must Be It’ – ein Song, der so klingt wie „Angelo Badalamenti, wenn er sich in einem norwegischen Wald verirren und von Giorgio Moroder gerettet würde.”
Die schwedische Popikone Robyn, die gerade erst Madonna auf ihrer Europa-Tournee begleitet hat, lieh ‚The Girl And The Robot’ ihre Stimme. „Neben ihrer wunderbaren Persönlichkeit und Stimme ist das Gute an Robyn”, findet Berge, „dass sie trotz ihres großen Namens – immerhin ist sie die wahrscheinlich bekannteste Künstlerin, mit der wir auf unserem Album gearbeitet haben – dazu bereit ist, Aufnahmen mit zwei schäbigen Typen in einem Besenschrank in Bergen zu machen. Dafür hat sie meinen vollen Respekt.”
Das Ergebnis ist ein brillanter, überlebensgroßer, melodramatischer, technoperatischer Song über die Liebesaffäre zwischen einer Frau und einem Androiden, die sowohl Kopf wie Herz berührt. „Es steckt eine Geschichte dahinter, und wir wollten etwas mehr bieten als 100-prozentigen Gute-Laune-Pop”, meint Brundtland.
„Mir wird langsam klar”, gesteht Berge, „dass wir, als wir nach Songs gruben, uns in Richtung Osten orientiert haben müssen, denn rückblickend ist es ziemlich offensichtlich, dass auf diesem Album – zumindest stimmlich – eine starke schwedische Präsenz vertreten ist.”
1. Happy up here
2. The Girl and the Robot (feat. Robyn)
3. Vision One (feat. Anneli Drecker)
4. This must be it (feat. Karin Dreijer-Andersson)
5. Röyksopp Forever
6. Miss it so much (feat. Lykke Li)
7. Tricky Tricky (feat. Karin Dreijer-Andersson)
8. You don’t have a clue (feat. Anneli Drecker)
9. Silver Cruiser
10. True to Life
11. It’s what I want (feat. Svein & Torbjorn as themselves)